Entgegenstehender Kindeswille kann bei Auskunftsansprüchen eines Elternteils berücksichtigungsfähig sein.

Ein Elternteil kann nach § 1686 BGB vom anderen Elternteil Auskunft über die persönlichen Verhältnisse des Kindes verlangen, wenn er ein berechtigtes Interesse an der Auskunft hat und sein Auskunftsverlangen dem Kindeswohl nicht widerspricht. Gemeint sein können hier u.a. Informationen über schulische Fortschritte, die Herausgabe von Kopien der Schulzeugnisse, aber auch der Gesundheitszustand des Kindes.

Berechtigt ist das Interesse an der Auskunft immer dann, wenn der die Auskunft verlangende Elternteil keine andere zumutbare Möglichkeit hat, sich über die Entwicklung und die Verhältnisse des Kindes zu unterrichten. Die Voraussetzung der fehlenden anderweitigen Informationsmöglichkeiten ist namentlich dann erfüllt, wenn die fehlende Kenntnis darauf beruht, dass das Kind den Umgang ablehnt oder die Hochkonflikthaftigkeit der elterlichen Beziehung dafür ursächlich ist.

Abzulehnen ist das berechtigte Interesse aber dann, wenn der Elternteil Mitinhaber der elterlichen Sorge ist und sich die nötigen Informationen durch entsprechende Nachfrage z.B. bei der Schule oder beim behandelnden Arzt selbst beschaffen könnte.

Bei Nichtbestehen der gemeinsamen elterlichen Sorge kann ein Ausschluss des Anspruchs unter bestimmten Umständen trotzdem erfolgen.

Zwar ist allein der Umstand, dass ein Kind den Umgang oder den Kontakt mit dem Vater ablehnt, ist für sich kein Grund, den Auskunftsanspruch zu versagen. Allerdings kann es eine Rolle spielen, wenn aufgrund eines übermäßig angespannten Elternverhältnisses durch die Auskunftserteilung negative Auswirkungen auf die Entwicklung des Kindes zu befürchten sind. Zudem kann besonders bei älteren Kindern ein entgegenstehender Kindeswille zu berücksichtigen sein.

Die wachsende Selbstständigkeit und Reife des Kindes kann das Auskunftsrecht beschränken. Der auf Auskunft in Anspruch genommene andere Elternteil ist dann nicht zur Auskunft verpflichtet, soweit es um persönliche Umstände geht, die nach dem Alter und der Persönlichkeitsentwicklung des Kindes bereits in den Entscheidungsbereich des Minderjährigen selbst fallen. Hierbei kommt es auf den Einzelfall und die

individuelle Einsichtsfähigkeit des Kindes an.

OLG Köln, Beschluss vom 28. Juni 2016 – 10 UF 21/15 und KG Berlin, Beschluss vom 27.03.2023, 13 UF 124/22

Rechtsanwältin Dr. Katrin Raabe

Fachanwältin für Familienrecht